8. März 2015

TV-Kritik “Das Spiel beginnt” ZDF - 07.03.2015 20:15

Die Spielshow “Das Spiel beginnt” ist der direkte Nachfolger der eingestellten Kultshow “Wetten dass” und hat es allein deshalb nicht wirklich leicht, In die Fußstapfen des Vorgängers zu treten. Aber selbst wenn man unvoreingenommen die Sendung schaut, bleibt ein fader Nachgeschmack und aus Sicht eines Brettspielers eine Enttäuschung. Warum? Das möchte ich in den folgenden Zeilen erläutern..

Eine Show mit Gesellschaftsspielen als Inhalt, das ist aus meiner Sicht erst einmal zu begrüßen. Und als leidenschaftlicher Brettspieler habe ich bestimmte Erwartungen an eine solche Show. Ich möchte unterhalten werden, entdecken, emotional mitfiebern und in Kindheitserinnerungen schwelgen.

Die Moderatoren 


Johannes B. Kerner mag seine Qualitäten als Moderator haben, aber in dieser Spieleshow ist er eine klare Fehlbesetzung. Er vermittelt weder Emotionen noch Humor oder Witzigkeit, schon gar nicht glückt ihm der Umgang mit den teilnehmenden Kindern. Das einzige, was ihm gelingt, ist leider auch das unangebrachteste, nämlich die Show in das vorgesehene Zeitschema zu drücken und die Spieler fortwährend nervig anzutreiben.

Immerhin ist es eine gute Idee, Johannes B. Kerner eine Kinder - Moderatorin gegenüber zu stellen. Aber das muss jemand sein, der eine Leidenschaft für Spiele entwickeln kann, der unbefangen und frisch an Verlauf und Ausgang der Spiele teilnimmt. Das Bild der als Kindermoderatorin in den 80er Jahren  erfolgreichen Anke Engelke setzt sich in meinen Kopf.

Davon ist bei Emma Schweiger leider nicht viel zu sehen. Sie steht in der Show wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Mit weiterem Verlauf der Sendung lässt sie sich von Kerner sogar immer mehr in den Hintergrund drängen. Dass sie mit dem Vorlesen von Wissensfragen peinlich überfordert ist, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle.

Die Kandidaten


Es spielt eine Gruppe von Promis (Schauspielerin Veronica Ferres, Komiker Bülent Ceylan, Hans Sigl aka “Der Bergdoktor" und dem vielseitigen Schauspieler Kostja Ullman) gegen eine Gruppe Kinder. Irgendwie lässt die Inhomogenität dieser Gruppen vermuten, dass der Ausgang der Spiele willkürlich ist. Die Promis können die Kinder jederzeit gewinnen lassen indem sie nicht ihr bestes geben oder nur mit halber Kraft spielen. Bei Veronica Ferres’ “Make ‘n Break” - Runden war offensichtlich, dass sie ihrem kindlichen - allerdings wirklich guten -  Gegner immer einen Schritt Vorsprung ließ.

Ich hätte es besser gefunden, wenn zwei gleichwertige Teams angetreten wären. z.B. zwei konstruierte "Familien", also ein männlicher und ein weiblicher Promi sowie zwei Kinder pro Team.

Die Spiele


Wirklich gut gefallen haben mir die fernsehtauglichen Groß-Umsetzungen der Spiele. Für den Zuschauer ist so ein guter Überblick auf das Geschehen gewährleistet. Manche Version hätte ich mir auf einem der nächsten Kinderfeste gewünscht. Aber vielleicht lassen sich die Verlage hier inspirieren.

Bei der Umsetzung haperte es aber dann leider bei einigen Spielen. Hier ein Schnelldurchlauf:

1. Spitz Pass auf
Passt und ist als Großspiel gut umgesetzt. Bei gleichwertigen Familienteams wäre das Ergebnis wahrscheinlich ok gewesen. Hier sind die kräftigeren und schnelleren Erwachsenen aber klar im Vorteil

2. Memory
Besitzt das Attribut, immer von Kindern gewonnen zu werden. Genau so war es zum Glück auch.

3. Halli Galli
Ein Spiel aus der Kategorie “Partyspiele”  das in der Show funktioniert und sogar den Zuschauer dazu animiert, ein wenig mitzufiebern. Leider ist Klara, die Kandidatin der Kinder sehr nervös und verschenkt den Sieg durch viele Fehlbother.

4. Make ‘n Break
Das Geschicklichkeitsspiel würde auch gut zu “Schlag den Raab” passen. Leider kommt hier kaum Spannung auf, weil eine Seite keine Siegmotivation zeigt (Siehe oben)

5. Mikado
Inzwischen gibt es viele gute Alternativen wie Villa Paletti, Jenga oder Kipp X. Mikado wirkt in dieser Show am meisten als verstaubt

6. BummBumm Ballon
Die Großspielmumsetzung funktioniert leider nicht richtig, da der Ballon nicht platzt., sondern nur leicht beschädigt wird. Immerhin kommt bei diesem Spiel erstmals so etwas wie Spannung auf und Show-Act Nena bringt als Unterstützerin des Kinderteams etwas frischen WInd in die Show.

7. Looping Louie
Richtig schöne Karussell-Umsetzung des Klassikers . Dieses Spiel hat gut funktioniert und seinen Platz in der Show verdient.

8. Trivial Persuil
Schon zu Beginn des Spiels kann man  vermuten dass dies viel zu langwierig wird Genau so kommt es. Es gibt so viele tolle Quizspiele, von denen viele deutlich schneller zu spielen sind. Trivial Persuil ist hier fehl am Platze und wirkt veraltet.

9. Rush Hour
Wieder als Großspiel hübsch umgesetzt. Leider sind die Kinder hier im Nachteil, da die Komplexität der Lösung etwas hoch ist.

10. Vier gewinnt
Hier wünscht man sich, etwas mehr über die Gedanken der Spieler zu erfahren, wie in den 80er Jahren bei Helmut Pflegers WDR-Produktion "Schach der Großmeister". Großspiele kommen hier leider nicht zum Einsatz. Die vier parallel laufenden Spiele sind kaum angemessen zu verfolgen.

Finale: Hüpf mein Hütchen

Das Finalspiel bringt endlich etwas Action und Emotionen in die Teams. Die Kinder gewinnen souverän und verdient. Völlig daneben ist aber die Punkterechnung. Bei diesem Spiel erhalten die Teams jeweils über 100 Punkte wodurch die Punkte der vorherigen Spiele, die durch Würfeln festgelegt werden, gar keine Rolle mehr spielen. Das ist in meinen Augen ein grober redaktioneller Fehler.

Fazit


Schade. liebes ZDF, man hätte mehr daraus machen können. Brettspiele in einer Show sind im Grunde keine schlechte Idee. Aber jedes Let’s Play auf YouTube ist spannender, als die Premiere-Show “Das Spiel beginnt”. Andere Shows, in denen Gesellschafts- oder Geschicklichkeitsspiele vorkommen, wie “Schlag den Raab”  oder “die perfekte Minute” schlagen “Das Spiel beginnt“ in Sachen Unterhaltungswert um Längen..

Bitte mehr Action, mehr Spannung, mehr Emotionen in Bezug auf die Spiele und eine kindgerechte und gleichzeitig erwachsenenkonforme, unterhaltsame Moderation, wie es Elton, Ha-Pe Kerkeling und vielleicht noch Linda de Mol hinbekommen könnten.

Wenn die Spiele nur halb so gut recherchiert worden wären, wie die abschließenden Belohnungen für die siegreichen Kinder (Reitkurse, Podolski treffen und FIlm-Gastrollen), dann wären vielleicht Spiele gewählt worden, die weniger altbacken sind, aber viel besser zum  Format passen. Mir würden da auf Anhieb einige einfallen. Splendor, Qwixx, Eselsbrücke, Mondo, Out of Mine!, Camel Up Quirkle, Terra, Fauna, Villa Paletti, Kipp X, Uluru, Kalimambo, Beasty Bar, Dixit, Enigma oder La Boca, um nur einige zu nennen.

Jens TIelke, 08.03.2015

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